Besucher-Wochenenden

Kloster Tatev in Südarmenien
Kloster Tatev

Im Mai hatte ich eine fünfköpfige Schwaben-Rheinländergruppe zu Gast, die - meist mit mir zusammen - zehn Tage lang Armenien erkundet hat. Meine Eltern kamen zu Besuch und brachten gleich noch drei meiner Freunde mit. Um organisatorisch bei dieser großen Gruppe auf der sicheren Seite zu bleiben, habe ich mit ihnen nur Orte besucht, in denen ich mich bereits auskannte. Was also nun über diese Reise schreiben, wenn ich so gut wie alle Stationen schon mal beschrieben habe? Das habe ich am Ende der zehn Tage dann auch die Gruppe gefragt. Ich wollte von ihnen wissen, was ihnen besonders gut gefallen hat, nicht nur Touristen-Ziele, sondern auch alle anderen Dinge, die im Vergleich zum Schwaben- oder Rheinland anders sind. Und ich ließ mir ebenfalls berichten, was ihnen sonst noch aufgefallen ist, auch, was sie aus Armenien in Deutschland vermissen werden. Und schon gibt es für meinen Blog über Armenien jede Menge Neues zu berichten:

Die eindrucksvollsten Orte

Welche der vielen touristischen Highlights, die wir in den zehn Tagen abgeklappert haben, sind besonders in Erinnerung geblieben? Hier die Antworten:

1. Das Kloster Noravank

Kloster Noravank, heilige Muttergotteskirche
Kloster Noravank

Einer der Orte, den ich schon sehr oft besucht und beschrieben habe und der immer wieder schön ist. Nähert man sich der Anlage von unten, so hat man den Eindruck, als ob die gelbroten Steine der Gebäude aus dem Felsen herauszuwachsen scheinen. Die doppelstöckige Kirche der heiligen Muttergottes ist besonders aufregend, wenn man sich die geländerlose Außentreppe hinauf ins zweite Stockwerk wagt. Und zu guter Letzt waren wir in Noravank bald von einer großen Gruppe armenischer Schulkinder aus Etschmiadsin umringt, die voller Begeisterung – und unter korrigierender Aufsicht ihrer Lehrerin – ihre Englischkenntnisse an uns ausprobiert und uns intensiv befragt haben.

Die Felsen gegenüber von Noravankh
Die Felsen gegenüber von Noravankh

2. Die Straße zum Kloster Tatev

Ich bevorzuge ja eigentlich die Seilbahn, die „wings of Tatev“, aber ein Teil der Gruppe wollte lieber mit dem Auto fahren, statt fünf Kilometer lang in 300 Metern Höhe über die Schluchten zu „fliegen“. Die Straße ist im letzten Viertel besonders steil, kurvenreich und auch nur noch eine Staubpiste. Aber unser Mietwagen hat es geschafft und bescherte den Insassen ein ganz besonderes Fahrerlebnis.


3. Das Hyatt Hotel in Jermuk

Damit die Reise in den Süden Armeniens Aufregung mit Entspannung verbindet, haben wir zwei Nächte im Vier Sterne Kurhotel Hyatt in Jermuk verbracht. Hier unterlief mir auch ein fataler organisatorischer Fehler: Ich hatte leider der Gruppe vorher nicht gesagt, dass das Hotel ein Schwimmbad und auch einen Whirlpool hat, keiner hatte Badebekleidung dabei. Doch dank Besuchen bei Debenhams (für die Damen) und Sportlandia (für die Herren) in Yerevan am Tag davor konnte dieses Problem dann doch noch zufriedenstellend gelöst werden. 


4. Der Schnee auf dem Aragats

Fotostopp im Schnee
Fotostopp im Schnee

Der Aragats ist der höchste Berg Armeniens mit gleich vier Gipfeln, der Westgipfel misst 4 080 Meter. Der Berg ist ein riesiger, recht flach ansteigender, erloschener Vulkan, der von weiten Teilen des Landes aus zu sehen ist und den Horizont dominiert. Eine der Besonderheiten des Berges besteht darin, dass man bis auf eine Höhe von 3 200 Metern recht bequem mit dem Auto hinauffahren kann. Dort oben befindet sich der Kari-See, der Mitte Mai noch zugefroren war, ein – seinerzeit noch eingeschneites – Hotel und eine physikalische Forschungsstation zur Erforschung kosmischer Teilchen, die ganzjährig betrieben wird. Daher ist auch die Straße nach oben in einem recht guten Zustand und vor allem war sie zwischen den teilweise noch meterhohen Schneebergen geräumt.


5. Das Felsenkloster Geghard

Kloster Geghard
Kloster Geghard

Zwar habe ich schon recht viele Klöster Armeniens beschrieben, aber Geghard war noch nicht dabei, was ich nun nachholen kann: Geghard befindet sich recht nahe bei Yerevan – knapp eine Stunde Fahrtzeit – am Ende einer immer enger werdenden Schlucht. Das Kloster ist teilweise in die umgebenden Felsen gehauen, die Mönche lebten früher teilweise auch in diesen Höhlen. Hier war übrigens schon in heidnischer Zeit ein Heiligtum – an diesem beeindruckenden Ort kein Wunder. Als wir im Mai kommen, rauscht der Bach hinter dem Kloster ohrenbetäubend die Schlucht hinunter. 

Zudem hatte uns das Navigationssystem über eine abenteuerliche Nebenroute dorthin gelotst, die unser Mietwagen (kein Vierradantrieb) über Schotter und Graspisten nur dank unseres hervorragenden schwäbischen Fahrers gemeistert hat. Wenn man sich quer durch die weiten, oft menschenleeren umgebenden Hügel diesem Ort entgegen schlängelt, ist er nämlich umso beeindruckender. Geghard ist übrigens auch eine von drei UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten Armeniens.

 

Im Verlauf der Reise folgten noch mehr Klöster, Festungen und sonstige Sehenswürdigkeiten. Doch um unseren Fahrer zu zitieren, sobald er das nächste Kloster ansteuern durfte: „Wir sind schon ganz verorgelt!“. 

Die eindrucksvollen Erlebnisse

Was hat also meine Gäste außerdem – oder vielleicht noch mehr – beeindruckt als alte Steine? Hier erhielt ich ganz unterschiedliche Antworten: Ein Besuch beim Mittagspausen-Sport in der Deutschen Botschaft Eriwan etwa, oder auch Kaffeetrinken bei mir im Büro – obwohl dieses unaufgeräumt war, wie immer. Oder eine Weinprobe von fünf sehr unterschiedlichen und schmackhaften Weinen des Maran-Weinguts, in der bekanntesten und beliebtesten der vielen Weinbars 

Yerevans, im „in Vino“. Das Weingut Maran liegt im Süden Armeniens, in der Gegend um Noravank, zwei Weine des Abends heißen auch genauso. Stundenlang erzählt uns der Winzer die Geschichte des Weinbaus in Armenien und seines Weinguts und erklärt uns auch die Herstellung der Weine.

Als Ergebnis des Abends bleiben eine zum Trinken bekehrte – verführte? – Anti-Alkoholikerin und jede Menge Übergepäck in Form von Weinflaschen.

Der Nachwuchs-Winzer ist zudem ein Beispiel von vielen, vielen freundlichen Menschen, die meine Gäste so sehr beeindruckt haben. Die Menschen hier in Armenien sind aber nicht nur freundlich zu den Besuchern ihres Landes, sie bleiben dabei auch natürlich und unaufdringlich und beeindrucken durch ihren ganz eigenen Stolz. So kann etwa Trinkgeld geben eine Herausforderung werden, wenn das Gegenüber dies bisweilen partout nicht annehmen will.

 

Fremdartiges Armenien

Und was war nun ganz anders als in Deutschland und besonders fremdartig? Nun, das beginnt bereits mit der nächtlichen Fahrt vom Flughafen in die Stadt, denn spät in der Nacht gibt es keine Straßenbeleuchtung mehr, selbst mitten in der Innenstadt nur spärlich. Eine Taschenlampe ist daher ein nützliches Reiseutensil in Armenien. Der Kabelwald im Treppenhaus zur Ferienwohnung wirkt auch sehr abenteuerlich. Beim ersten Spaziergang durch die Stadt begegnen uns ebenfalls viele Zustände jenseits jeglicher DIN-Normen und Vorschriften: Gullys ohne Deckel etwa, Baugerüste ohne Sicherungen oder auch Baustellen ohne Zäune darum herum. Hinzu kommen die vielen Straßenhunde, die zwar friedlich, aber auch zu bedauern sind. Einige leben soger in den Blumenkübeln der Glitzer-Einkaufsmeile, der Northern Avenue, mitten in Yerevan. 

Kräuter-Sammlerin in Jermuk
Kräuter-Sammlerin in Jermuk

Was meine Gäste schließlich am meisten beeindruckt hat, ist der Gegensatz von Stadt- und Landleben in Armenien. Besonders meine Eltern erinnert vieles in armenischen Dörfern an ihre eigene Jugend und Kindheit auf dem schwäbischen Land: Freilaufende Hühner in den Dörfern, herumziehende Vieh-Herden entlang der Straßenränder, Kleinbauern, die oft zu Fuß, manchmal auf dem Esel oder dem Pferd ihre Herden begleiten. Und meinen Eltern fallen auch die Unterschiede zwischen armenischen und deutschen Kühen auf: Armenische Kühe sind kleiner, oft magerer, haben viel kleinere Euter und sind eben keine Hochleistungs-Kühe, sondern eher universelle Nutztiere, wie es sie irgendwann in Deutschland auch mal gegeben hat.

In diese Eindrücke passen die Hunderte von Kräutersammlern, die wir unterwegs in den Wiesen und Hängen Armeniens sehen. Oftmals sind es alte Frauen, die Wildkräuter und auch Pilze sammeln, die sie dann gleich am Straßenrand frisch verkaufen oder auch trocknen und einlagern. 

Was war noch schön?

Nun plaudert die Runde munter durcheinander, immer mehr Details werden mir zugeworfen, die ich rasend schnell in mein Notizbuch kritzle. Hier noch mehr Eindrücke:

  • Beim Mittagessen in einem Straßencafé an den Cascaden zieht Regen auf, es wird kalt und windig. Sofort kommt der Kellner aus dem Lokal und teilt den Damen draußen warme Wolldecken aus.
  • Es gibt jede Menge Taxis, überhaupt ist der ÖPNV in Yerevan sehr billig und praktisch immer verfügbar.
  • Beim Einkaufen im Supermarkt überrascht der Einpackservice an der Kasse und die vielen Plastiktüten, die teilweise noch ineinander geschichtet werden, um die Einkäufe sicher zu verpacken.
  • Und zu guter Letzt gibt es praktisch immer und überall Internet, nicht nur dank armenischer SIM-Karte. Nicht nur in der Stadt, auch auf dem Land hat man praktisch immer guten Empfang und außerdem an vielen Orten kostenloses W-Lan. 

Was werdet Ihr vermissen?

Zum Abschluss möchte ich nun wissen, was meine Gäste besonders vermissen werden, wenn sie wieder zu Hause sind. Hier dominiert das Essen, denn überall in Armenien kann man sehr gut essen. Und es ist hausgemachtes Essen, kein „convenience food“, wie man es in der deutschen Gastronomie bisweilen antrifft. Selbst im amerikanischen Hyatt-Hotel gab es z.B. sehr leckere hausgemachte armenische Kräutersuppe. Auch Basturma, das in Armenien beliebte Rinder-Dörrfleisch kam gut an und natürlich die frischen Kräuter, die jedes Gericht hier noch schmackhafter machen.

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